Büttenpapier ist die Crème de la Crème unter den Künstlerpapieren: Es ist extrem hochwertig, sehr weich, altersbeständig und seine organische Struktur mit dem unregelmäßigen Rand setzt Kunstwerke und Aquarellmalereien toll in Szene. Seine Herstellung hat bis heute manufakturartigen Charakter. Wir haben uns den Prozess von jemandem erklären lassen, der jahrhundertealtes Wissen nutzt.
Wer heute die Hahnemühle im südlichen Niedersachsen besucht, findet nur noch ein Modell des hübschen Fachwerkshauses, in dem 1584 die erste deutsche Künstlerpapierfabrik gegründet wurde – vom Originalgebäude stehen nur noch die Grundmauern. Aber auch anhand des Modells kann man erahnen, wie aufwendig der Herstellungsprozess der damaligen Papiere gewesen sein muss. „Sehen Sie, wie hoch das Haus gebaut war?“, fragt Bettina Scheerbarth, Marketingmitarbeiterin von Hahnemühle. „Mit den vielen Zwischenetagen schaffte man damals Platz, um die einzelnen Papierbögen zum Trocknen aufzuhängen.“
Die Zeiten handgeschöpften Papiers sind heute vorbei, aber das Büttenpapier wird in der Hahnemühle in einem sehr aufwendigen Prozess immer noch schonend hergestellt – und das mit Maschinen, die teilweise fast 150 Jahre auf dem Buckel haben! Bettina Scheerbarth führt uns durch die einzelnen Produktionsschritte: Zuerst werden Zellulose oder wertvolle Baumwollfasern, Fasern, Kreide und der Füllstoff Stärke mit ganz viel Wasser vermischt. „Die genaue Zusammensetzung jeder Papiersorte bleibt unser Firmengeheimnis und sie variiert auch je nachdem, welche Eigenschaften das Büttenpapier haben soll. Aber das Gemisch besteht immer zu 97 bis 98 Prozent aus dem reinen Quellwasser des Solling-Gebirges, an dem wir die Rechte halten – nur zwei bis drei Prozent machen die restlichen Bestandteile zu Beginn der Papierproduktion aus.“
Das Gemisch wird in ein wannenförmiges Gefäß, die Bütte, geleitet. Darin dreht sich ein Rundsieb, auf dem sich das Gemisch in einer dünnen Schicht ablegt, das so genannte Papiervlies. „Im Gegensatz zu anderen Verfahren legen sich hier die Fasern ungeordnet ab“, erklärt Bettina Scheerbarth. „Das ist der Moment, in dem – wenn gewünscht – ein Wasserzeichen in das Papier kommt. Der Hahn, das Logo von Hahnemühle, ist mit Kupferdraht auf den Siebzylinder aufgenäht. Auf dem erhabenen Draht legen sich hier weniger Papierfasern ab und das Logo bleibt als Wasserzeichen sichtbar.“ Hahnemühle hütet seine Rundsiebzylinder und die Rundsiebmaschine wie einen Augapfel, denn diese Relikte aus früheren Zeiten werden heute überhaupt nicht mehr produziert.
Von dem runden Siebzylinder wird das Papiervlies von einer mit Wollfilz bespannten Walze aufgenommen. Die reinen, hochwertigen Wollfilze sind in unterschiedlichen Oberflächenstrukturen verfügbar. Sie geben dem Büttenpapier seine spätere Struktur. „Die Oberflächenstruktur von Büttenpapier entsteht also ganz organisch, im Gegensatz zu anderen Verfahren, bei denen das Papier am Ende eine Struktur aufgeprägt bekommt. Das entscheidende Kriterium bei Büttenpapier ist also nicht seine Zusammensetzung, sondern die Art der Herstellung: Nur, wenn es von einer Rundsiebpapiermaschine kommt, darf es sich Büttenpapier nennen“, stellt Bettina Scheerbarth klar.
Die Papierbahn läuft zwischen den Wollfilzen über mehrere Walzen, dabei wird überflüssiges Wasser aufgesaugt. Danach wird die Papierbahn auf eine weitere Walze übertragen, die sich minimal schneller dreht als die vorherige. Durch diesen kleinen Tempounterschied reißt das Papier an seinen Sollbruchstellen – der charakteristische Büttenrand entsteht. Die Papierbögen werden über dampfbeheizte Walzen transportiert, die das Papier langsam trocknen. „Nur durch diesen schonenden Trocknungsprozess können wir gewährleisten, dass das Büttenpapier stabil wird und nicht bricht“, so Bettina Scheerbarth. „Beim Büttenpapier können wir in einer Minute zehn Meter Papier herstellen. Die Langsiebpapiermaschine schafft im Gegensatz dazu 100 Meter pro Minute.“ Was für ein Unterschied! Das erklärt auch, warum Büttenpapier mehr kostet als andere Papiere.
Kommen die einzelnen Bögen aus der Maschine, werden sie kontrolliert. Mit einem Infrarotlicht wird das Papier auf Schadstellen untersucht, Fehlbögen werden aussortiert. Das Wasser, das bei der Produktion übrigbleibt, kann übrigens nach einer Filtration ohne Probleme wieder dem normalen Wasserkreislauf zugeführt werden, denn es wurde ja nie durch Chemikalien verunreinigt. Die Bögen machen sich als lose Papiere auf den Weg zu ihrem Auftraggeber oder sie werden weiterverarbeitet und beispielsweise zu Blöcken verleimt, bevor sie in die Regale in unseren Filialen in Karlsruhe und Rastatt kommen. Büttenpapier gibt es mit matter, rauer oder satinierter Oberfläche und in verschiedenen Grammaturen. Suchen Sie sich das Papier heraus, das am besten zu Ihnen passt!
Büttenpapier ist etwas ganz Besonderes, Ihre Kinder sollten Sie lieber nicht darauf herumkritzeln lassen. Professionelle Künstler verwenden es, es eignet sich speziell für die Aquarellmalerei – aber auch als Urkundenpapier ist echtes Büttenpapier beliebt. „Büttenpapier hält, was es verspricht“, sagt Bettina Scheerbarth. „Wenn Sie heute vor 50 Jahren einen Büttenpapierbogen von Hahnemühle gekauft haben, bekommen Sie diesen Bogen auch heute noch in genau gleicher Qualität und mit exakt den gleichen Eigenschaften.“ Wenn es also etwas Besonderes sein soll, Sie ein kleines Werk verschenken oder sich mal wie ein echter Picasso fühlen möchten, greifen Sie zu Büttenpapier.
Und wie funktioniert eigentlich die Herstellung von Tinte? Wir verraten es Ihnen in unserem Beitrag.